Wanderengel - Engel auf Wanderschaft

Engel

Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.

Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, – und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt...

Rainer Maria Rilke, 22.2.1898, Berlin-Wilmersdorf

"Engelsieder"

 

Glaubst Du auch an Engel? JA? Nein? Vielleicht? 

 

Für viele Menschen haben Engel heute Hochkonjunktur.


Meine  persönliche Erfahrung?  Immer wieder begegne ich Menschen, die  für sich eher die Frage bejahen, dass es Engel gibt – als die Frage, ob sie an einen bestimmten Gott glauben. 

Denn was Engel sind, das wissen wir alle ungefähr - von Kindesbeinen an.

Wunderschön - die berühmte scholastische Frage, wie viele Engel denn auf einer Nadelspitze Platz hätten.

Dahinter steht die Vorstellung, Engel seien nicht materielle Substanzen, also Wesen ohne Körper – sodass in der Tat unendlich viele Engel auf eine Nadelspitze passten.

Heute begegnen wir Engeln als Schlüsselanhänger, auf Servietten oder als Deko-Figuren in Wohnungen und Gärten – Engel sind "in". 


Die einen hängen sich ihren Schutzengel ins Auto, die anderen verschenken ihn. Ob kitschig oder schlicht – Engelfiguren sind überall. 


Auch die Bibel erzählt von Engelwesen 

Sie trösten Menschen, sie verkünden Neuigkeiten und sie bewachen das Paradies. 

Der höchste Engel, sozusagen der "Chef" aller Engel, heißt übrigens "Michael" – und er ist ein Bote Gottes, wie alle anderen auch. 

Wie Engel nun aber genau aussehen, davon erzählt die Bibel nichts – deswegen wird darüber auch so viel spekuliert. 

Also - mal ganz ehrlich und unter uns - mit den Kerlen im weißen Gewand mit Flügeln kann ich nicht so recht was anfangen. 

Aber ich glaube, dass uns das Bild eines Engels zeigen kann: da ist ein Gott, eine Kraft oder von mir auch auch eine Energie, die uns schützen kann. 

So ein Engel kann mir überall begegnen: Im Lächeln eines Mitmenschen. In einer starken Hand, wenn ich sie brauche. Einem unerwarteten Anruf. Und vielleicht sind wir Menschen einander manchmal Engel ohne es zu wissen... 

 

Obwohl die Reformation und später dann vollends die Aufklärung den Glauben an Engel als eine kindliche und unreife Vorstellung abtun wollte, erscheinen Engel den Menschen in vielfältiger Form. 

Sie bewegen die Menschen weit über die Religion hinaus.

Im Judentum und im Christentum begegnen Engel auf Schritt und Tritt. Engel mit einem Feuerschwert bewachen das Paradies nach dem Hinauswurf der ersten Menschen. Stammvater Jakob sieht in einem Traum Engel auf einer Treppe in den Himmel hinauf und auf die Erde hinuntersteigen.

Engel, wohin man sieht

Im Neuen Testament kündet der Erzengel Gabriel die Geburt Jesu und die Geburt Johannes des Täufers an. Engel erscheinen den Menschen im Traum und leiten dramatische Lebenswenden ein. Engel sitzen im leeren Grab Jesu von Nazareth und verkünden seine Auferstehung.

Auch im Islam wimmelt es von Engeln. Von Anfang an. Bereits der Koran wird dem Propheten Mohammed vom Erzengel Gabriel persönlich diktiert. Was für eine Ansage. Engel werden im Islam als "Diener Gottes" gesehen, sind Gott nahegestellt. Für die Menschen sind sie Bewacher und Fürsprecher.

Engel sind im Judentum, im Christentum und im Islam unverzichtbares Bodenpersonal Gottes. Und ich möchte sagen, sie sind der sympathischere Teil des Bodenpersonals. Aber dies ist ein anderes Thema...


Schutzengel für alle

Beliebt ist in allen drei Religionen der Schutzengel. Die Botschaft: Jeder Mensch habe einen Schutzengel. Noch heute bitten viele Eltern beim Abendgebet um seinen Schutz für die Kinder.


Ein besonderer Schutzengel hängt seit bald 20 Jahren im Hauptbahnhof Zürich: "L’ Ange protecteur" der Künstlerin Niki de Saint Phalle. Anfänglich gab es kritische Stimmen: Der Engel sei kitschig, die Brüste zu gross, der Kopf zu klein geraten. Inzwischen scheinen sich die Reisenden an den bunten Engel über ihren Köpfen gewöhnt zu haben. Manche werfen einen wohlwollenden Blick in seine Richtung. Vielleicht gar eine Bitte um Schutz auf der Reise?

Engel faszinieren Menschen über die Grenzen der Religionen hinweg. Geflügelte Wesen zieren so manches Wohnzimmer. Engel sollen heute noch Menschen erscheinen – nicht als machtvolle Wesen mit Flügeln. 

Engel kommen sachter daher, als innerer Impuls, als Trost in der Krise, als Hinweis auf eine persönliche Entwicklung oder als ein Wort eines Menschen, das unser Herz berührt.

Engel heilen, trösten, begleiten, schützen, Engel geben uns Kraft, Mut, Engel bringen uns zum Lachen, sie tragen uns, Engel sind unsere stillen Begleiter und zugleich Boten einer Welt hinter dem Sichtbaren. Sie erinnern uns immer wieder auf wunderbare Weise, dass auch wir Menschen, nicht nur von dieser Welt sind...


Einen Engel erkennt man erst, wenn er vorübergegangen ist.

Jüdisches Sprichwort


Mein Engels-Projekt: 

 

Zwölf Wanderengel sind unterwegs...

Ich finde, das Thema "Engel" sollten wir nicht einfach nur den "Esoterikern" überlassen.  Engel bieten mehr - viel mehr.  Martin Luther, der grosse Reformator soll einmal gesagt haben: 

"Wer einen Engel zum Freund hat, braucht die ganze Welt nicht zu fürchten"

Darum habe ich mein neuestes Projekt lanciert und schicke 12 Engel auf Reisen. Aber keine Angst: meine Idee mit den "Wander-Engeln" hat nichts am Hut mit dem Esoterikkreisen beliebten "Besuch" von fünf unsichtbaren Wanderengeln, die einem nach 5 Tagen irgendwelche - meist materielle - Wünsche erfüllen sollen. 

Mein Wander-Engel-Projekt verfolgt ein ganz anderes Ziel: Ich möchte die Menschen ganz neue anregen, über "Engel" nachzudenken, sich berühren  und überraschen zu lassen.  Es gibt so viele Dinge, die wir mit unseren Augen nicht wahrnehmen können und die trotzdem eine Realität sind. 

Bereits in der Bibel fliegen einem quasi ja ständig Engel um die Ohren, warum nicht auch im Hier und Jetzt und im unserem konkreten Leben? 

Eindrücklich die Lebensgeschichte von Jakob in der Genesis. Jakob ist auf der Flucht vor seinem Bruder Esau. Dann hat er einen Traum. Er sieht eine Treppe, die bis zum Himmel reicht und darauf Engel. Dieser Traum ermutigt ihn, tröstet ihn, gibt ihm Kraft für seinen Weg und die feste Hoffnung, ja die Gewissheit: Es kommt alles gut..."

Darum: Engel beschützen, rütteln auf, sie heilen, sie beruhigen, sie zeigen den richtigen Weg und vor allem sagen sie oft nur das eine:

„Fürchte dich nicht - es kommt alles gut!"


Als Maria schwanger wird mit dem Jesuskind und nicht weiß, was tun, begegnet ihr ein Engel: „Fürchte dich nicht! Gott ist mit dir." Und als Josef abhauen will, weil er sich betrogen fühlt, erscheint ihm im Traum ein Engel: „Fürchte dich nicht! Gott ist mit dir." Und als die Hirten das Helle am Himmel für den Anfang des Weltuntergangs halten, da rufen die Engel: „Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren."



"Fürchte dich nicht!"


Darum: Hörst du das Flüstern? Hört du das "Fürchte dich nicht?" Das ist die Botschaft, die dir dein Engel  jetzt für deinen Weg zuruft: "Fürchte dich nicht!" "Habe keine Angst!" "Alles wird gut kommen" "Du darfst Vertrauen!"



Nimm den Wanderengel in deine Hand, trage ihn bei dir und lass dir immer wieder neu von ihm gesagt werden:  "Fürchte dich nicht!" -.

Vielleicht hast du in deinem Leben im Moment tatsächlich Grund, dir Sorgen zu machen, dich zu fürchten vor all dem, was noch kommen könnte...

Aber dein Wanderengel sagt dir leise:

„Du findest immer Gründe, dich zu fürchten, ja. Aber ich sage dir:  "Fürchte dich nicht. Du bist nicht allein. Nicht alles hängt von dir ab. Ob du geschickt genug, gesund, intelligent genug, stark genug bist. Gott schickt dir Boten, Vermittler, Gott schickt dir Hilfe, die buchstäblich vom Himmel fällt. Vertraue deinen Fähigkeiten. Aber rechne auch mit dem Unberechenbaren und dem, was dir geschenkt wird - immer wieder neu. Baue auf Gottes Möglichkeiten.  

Kurzum: Fürchte dich nicht!"


Wander-Engel: Die Idee


Ich habe 12  verschiedene Wanderengel  - per Post und in einer kleinen "Kartonbox" verpackt - an 12 unterschiedliche Menschen verschickt -  und auf die Reise geschickt, mit der Bitte:

"Trage den Wander-Engel eine Zeit lang mit dir - lass dich begleiten - und erinnern: 

"Du bist nicht allein. Fürchte dich nicht!"


Und wenn du dann das Gefühl hast, jetzt brauchst du deinen ENGEL nicht mehr oder du kennst eine andere Person, die diesen Wanderengel jetzt vielleicht grad dringender gebrauchen könnte als du - dann verschenke, versende, verschicke deinen Wanderengel weiter - mit der Botschaft an  die nächste Person: "Fürchte dich dich - alles wird gut!


Lass dich leiten - von deinem Engel - er wird dir ohne Worte weisen, an wen du deinen Engel - wenn es Zeit ist - weitersenden wirst.  Vertraue deinem Engel - alles ist möglich!

Schön wäre es, wenn diese 12 Wanderengel von jetzt an immer auf Wanderschaft wären - unterwegs - zu neuen Menschen mit all ihren je eigenen Lebens-Geschichten. 

Engel auf Wanderschaft - Wanderengel, die Menschen eine Zeit lang begleiten, beschützen, ermutigen, heilen und ihnen die tröstende Botschaft vermitteln: "Fürchte dich dich - hab keine Angst...alles wird gut!" 


Wichtig: es handelt sich hier nicht um ein  "Schneeballsystem", sondern vielmehr um die schöne Idee, Menschen auf ihrem persönlichen Weg für einen Moment zu ermutigen mit der einfachen Botschaft: 

"Fürchte dich nicht! Was auch geschehen mag, es kommt gut!"



Herzlich 

Daniel K.

 
Er hat seinen Engeln befohlen,
dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen,
dass sie dich auf den Händen tragen
und du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.


Psalm 91,11.12

Daniel Kallen
freier Pfarrer und Theologe